Lernt man neue Menschen kennen und erzählt, dass man ein Aquarium hat, hört man direkt die Frage “was denn für eins?”. Ich habe mir angewöhnt, auf diese Frage mit “ein Großes” zu antworten. Denn mit einer genaueren Erklärung kämen die meisten nicht-Aquarium-Besitzer überhaupt nicht zurecht. Aber was steckt eigentlich hinter dieser Frage? Welche Antwort erwartet werden könnte und wie man selbst sein Aquarium beschreiben könnte erfährst du im Beitrag.
Klar ist, dass mit dieser Frage nicht gemeint ist welcher Hersteller mein Aquarium hergestellt hat, und wie die Typenbezeichnung ist. das wäre sehr schnell mit Juwel Rio 240 erledigt. Vielmehr ist die Frage eine Zusammenfassung aller Fragen, die dem Fragenden gerade im Kopf rum gehen: Süßwasser oder Meerwasser, welche Tiere, welche Pflanzen, Kalt- oder Warmwasser und was man sonst so alles fragen könnte. Es ist also mehr eine Frage nach der Art des Aquariums, beziehungsweise nach dessen Stil.
Klassische Gesichtspunkte
Der Mergus Aquarien Atlas Band 1 schreibt dazu, dass man ein Aquarium unter vier Gesichtspunkten einrichten kann.
Es handelt sich dabei um:
- Gesellschaftsbecken
- Landschaftsbecken (Biotopaquarien)
- Artenbecken
- Becken nach geografischen Gesichtspunkten.
Die Landschaftsbecken und geografischen Gesichtspunkte werden dabei noch einmal weiter unterteilt. Klasse, da haben wir ja unsere Antwort. Allerdings ist die Erstausgabe des Mergus von 1977 was die Frage aufwirft, ob das noch so zur modernen Aquaristik passt. Denn aus eigener Erfahrung weiß ich, da hat sich viel verändert. Grundsätzlich würde ich dem aber immer noch so zustimmen. Mit zwei Ausnahmen.
- Ich selbst finde, dass geografische Gesichtspunkte irgendwie immer zur Biotopaquaristik führen, und anders herum natürlich auch. Diese zwei Bereiche liegen für mich so dicht zusammen, dass ich sie nicht bewusst trennen würde. Man könnte vielleicht sogar den von Amano geprägten Begriff “Naturaquarium” für beide Typen nutzen. Allerdings gibt es hierbei keinen Fokus auf eine bestimmte Region wie sie in der Biotopaquaristik quasi Pflicht ist.
- Eine aus heutiger Sicht schon gar nicht mehr so neue Stilrichtung aber vom Mergus noch nicht berücksichtigt ist das Aquascape. Dabei handelt es sich definit um eine eigenständige Art der Aquaristik.
Aber schauen wir uns die einzelnen Aquariumarten mal genauer an.
Gesellschaftsaquarium
Das Gesellschaftsaquarium ist die einfachste und vermutlich auch die beliebteste Form der Aquaristik. Bei dieser Aquariumart musst du dir am wenigsten Gedanken über die Herkunft und Zusammenstellung deiner Tiere und Pflanzen machen. Denn in einem Gesellschafsaquarium werden alle Arten miteinander vergesellschaftet, die einem gefallen.
Da viele Kunden auf diese Weise die Tiere für ihre Aquarien kaufen, hält der Handel viele Arten vor, die dafür auch geeignet sind. Dabei handelt es sich in der Regel um Arten, die sowohl in unaufbereitetem Leitungswasser gehalten werden können, aber auch um besonders friedliche Arten die keinen anderen Tieren nachstellen oder diese gar jagen.
So wird sichergestellt, dass alle Tiere die gleichen Wasserwerte bevorzugen und kein zu großer Stress im Becken auftritt. Da die meisten Fische Gruppentiere sind, besteht bei diesem Beckentyp die Gefahr, dass zu viele und zu kleine Gruppen der einzelnen Arten gehalten werden. Außerdem muss auch der Charakter und das Fressverhalten der Tiere zusammen passen.
Ebenfalls unkritisch bei diesem Aquarium-Typ ist die Bepflanzung und Dekoration. Hier ist erlaubt was gefällt. Meistens handelt es sich um eine relativ einfache Bepflanzung aus anspruchslosen und schnell wachsenden Pflanzen. Aber auch die zusätzliche Dekoration mit Kunststoffelementen wird gerne genommen.
Arbeitest du viel mit Kunststoffdekoration und wenig mit Pflanzen solltest du im Auge behalten, dass es deinen Tieren nicht zu hell ist. In den meisten Komplettsets ist das kein großes Thema, falls nötig kannst du eine der zwei Leuchten ausbauen. Hier findest du übrigens mein Statement zur Kunststoffdekoration.
- Evers, Hans G (Autor)
Biotopaquarium
In einem Biotopaquarium versuchst du die Landschaft und die Bedingungen eines relativ kleinen Bereichs der Natur möglichst genau nachzustellen. Du kannst dir ein bestimmtes Biotop aussuchen und alles danach planen. In der Regel ist aber vermutlich ehr so, dass du eine bestimmte Art halten möchtest und für eine möglichst naturnahe Haltung das heimische Biotop nachstellst. Hier werden tatsächlich nur Arten miteinander vergesellschaftet, die auch in diesem Biotop zusammen leben könnten. Meistens handelt es sich bei Biotopaquarien daher auch um reine Artenbecken.
Da hier nicht auf die Einheitsbedürfnisse vieler verschiedener Arten eingegangen werden muss, sind auch die Wasserwerte deutlich spezieller. Das betrifft nicht nur die Temperatur, sondern auch den Leitwert, die Karbonat- und Gesamthärte und den pH-Wert. Damit einhergehend auch die Konzentration von CO2 und Huminsäuren.
Diese Art der Aquaristik ist sehr speziell und auf nur eine oder sehr wenige Arten ausgerichtet. Somit kann auf die Bedürfnisse dieser Arten sehr gut eingegangen werden weshalb so auch deutlich anspruchsvollere Arten gehalten werden können als in einem Gesellschaftsaquarium.
Auch die Bepflanzung wird an das Biotop angepasst. Entgegen der weitläufigen Meinung, dass dies viele Pflanzen bedingt, ist die Bepflanzung tatsächlich meist ehr spärlich. Meist sind nur die Uferbereiche von Bächen bewachsen. Denn oft liegen in den Biotopen keine guten Bedingungen für einen flächendeckenden Bewuchs vor.
So sind zum Beispiel die meisten südamerikanischen Biotope durch den hohen Anteil an Huminsäuren und der starken Vegetation über Wasser viel zu dunkel für aquatische Pflanzen. Und auch der Malawisee bietet mit seinem sandigen oder felsigen Grund keinen Halt für Pflanzen.
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Naturaquarium
Als kleiner Junge hat sich Takashi Amano von der Unterwasserlandschaft in der Bucht seiner Heimatstadt inspirieren lassen. Im Buch “The Art of Nature Aquarium”* schreibt er “I want to recreate this astonishing beauty of aquatic plants in my room”. Damit war zumindest der Gedanke an das Naturaquarium geboren. Heute ist Amano für sein Lebenswerk in diesem Bereich berühmt.
Das Naturaquarium setzt somit zu einem großen Teil auf Pflanzen, kommt also dem recht nahe, was die älteren unter uns als Hollandaquarium kennen. Allerdings ist hier der Ansatz noch etwas professioneller, da für ein Naturaquarium noch gezielter ausgewählt werden um ein möglichst stimmiges Gesamtbild zu erzeugen.
Die ausgewählten Pflanzen sind meistens sehr anspruchsvoll, weshalb die Technik für ein Naturaquarium mehr leisten muss als es ein Komplettset tut. So ist zum Beispiel die sehr starke Beleuchtung auf die Bedürfnisse der anspruchsvollen Pflanzen abgestimmt. Außerdem kommen sehr hochwertige Becken zum Einsatz damit keine Silikonnähte oder Glastrübungen das Bild stören könnten.
Tiere gehören zu diesem Typ sicherlich auch dazu, sind aber nicht ganz so wichtig wie die Pflanzen. In der Regel beschränkt man sich auf sich auf eine einzige Art die möglichst einen starken optischen Kontrast zu den verwendeten Pflanzen herstellen.
- Amano (Autor)
Aquascape
Beim Aquascape handelt es sich um eine recht moderne Einrichtungsform. Ähnlich wie beim Naturaquarium liegt der Schwerpunkt hier bei den Pflanzen. Aber auch dem Hardscape wird dabei eine besondere Rolle zuteil. Denn während beim Naturaquarium eine besonders schöne und harmonische Unterwasserlandschaft geschaffen wird, ist es beim Aquascape die Nachbildung einer Überwasserlandschaft.
Um eine besondere Tiefenwirkung zu erzeugen steigt der Bodengrund in diesen Becken nach hinten hin steil an. Auch werden untypischerweise große Einrichtungsgegenstände im Vordergrund, und kleinere Einrichtungsgegenstände im Hintergrund platziert. So entsteh der Eindruck einer weitläufigen Landschaft. Es ist fast selbsterklärend, dass dieser Stil von Steinen und Wurzeln lebt, die möglichst geschickt miteinander kombiniert werden.
Auch hier spielen Tiere eine untergeordnete Rolle. Ein kleiner Schwarm Minifische sorgt eigentlich nur dafür, dass man daran erinnert wird, in ein Aquarium zu sehen und nicht wirklich eine Landschaft vor sich zu haben.
- Hintzen, Jerry (Autor)
Welcher Aquarium-Typ bist du?
Damit hast du jetzt einen groben Überblick darüber, welche Antwort du auf die Frage “Was für ein Aquarium hast du?” geben kannst. Vielleicht stehst du aber auch noch ganz am Anfang und überlegst jetzt, welcher Aquarium-Typ du bist. Dann kann ich dir nur raten, mach worauf du Bock hast. Das Internet bietet heute genügend Informationen sich auch in kompliziertere Biotope einzulesen. Und dann kannst du direkt von Anfang an stolz auf dein Naturaquarium oder Aquascape sein.
Auf jeden Fall freue ich mich über eine kleine Rückmeldung. Schreibe mir einfach in die Kommentare, was für ein Aquarium du hast. Oder welchen Typ du gerade planst.
*Letzte Aktualisierung am 29.03.2023 um 12:25 Uhr Bei diesen Links handelt es sich um bezahlte Werbung.
Lieber Dirk!
Vielen Dank für Deinen tollen Artikel über den “Aquaristiktypen”.
Seit längerem plane ich mein Becken, welches ich schon einige Zeit habe, umzugetalten.
Und da kam auch für mich die Frage auf, in welche Richtung möchtest ich mit der Neueinrichtung gehen.
Bis jetzt war es mir noch nicht so klar. Meine Überlegung ging dahin evtl. nur Pflanzen einzu-setzen und keine Fische mehr dazu.
Aber ein Aquarium, welches von der Bepflanzung und dem Tierbesatz zusammen passt,
würde mir das Einsteigen in die Aquaristik vielleicht leichter machen.
Vielleicht könnten Sie mir eine interessante Seite empfehlen, wenn man Fragen bzw. Probleme hat.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Bohlmann
Hallo Karin,
danke für deinen Kommentar. Ich freue mich, dass dir mein Beitrag geholfen hat. Oder zumindest dich zum Nachdenken angeregt hat. Wenn du noch nicht so viel Erfahrungen hast, ist ein Gesellschaftsaquarium sicherlich am sichersten. Aber auch hier gilt: Je größer, desto einfacher. Lieber weniger Arten, dafür größere Gruppen. Ehr klein bleibende Arten. Pflanzen je nach Beleuchtung aus der Kategorie “einfach” bis maximal “mittel”. Seiten auf denen du Fragen stellen kannst, wirst du sicher über die Suche ausreichend finden. Allerdings bin ich kein Freund von Foren, da immer sehr schnell mit dem Finger auf einen gezeigt wird, und man gefühlt nie etwas richtig macht. Gute Beratung kenne ich vor allem von Züchtern und den ganz kleinen Händlern. Denen kann man auch am besten erklären, was man will.
Gruß Dirk